Sozialstaat und Krisen

In z.B. wirtschaftlichen oder pandemischen Krisenzeiten hat der Sozialstaat eine doppelte Bewährungsprobe zu meistern: einerseits werden der Sozialstaat und seine Leistungen mehr gebraucht als sonst, gleichzeitig ist der budgetäre Spielraum genau in diesen Phasen mitunter stark eingeschränkt.

Umso mehr braucht es nicht nur in schwierigen Zeiten ein breites und nachhaltiges Bekenntnis zu einem starken Sozialstaat. Das ist absolut einleuchtend, denn die Vorteile des Sozialstaates sind offensichtlich: Er bietet Unterstützung für jene, die Hilfe brauchen – Kranke, Arbeitslose, Kinder, Alte und Pflegebedürftige. Zudem wird er von jenen finanziert, die gerade gesund und erwerbstätig sind. Die Verwaltungskosten sind im Vergleich zu privaten Systemen viel niedriger. Nicht zuletzt funktioniert der Sozialstaat auch dann, wenn er von sehr vielen gleichzeitig dringend gebraucht wird – ein Vorteil, auf den wir in den letzten Jahren öfter zurückgreifen mussten.

Die COVID-19-Pandemie und die Teuerungskrise haben die soziale Frage in Österreich dramatisch verschärft. Die alten und neuen gesellschaftlichen bzw. sozialen Herausforderungen sind in folgenden Studien und Projekten zum Teil gut dokumentiert, zum Teil gibt es aber erhebliche Forschungslücken. Diese Referenzen sind jedenfalls zu empfehlen:

Viele dieser Berichte, Studien und Beiträge zeigen eine deutliche Schieflage bei Vermögen, Einkommen, Gesundheit oder Lebenserwartung. Manche dieser Schieflagen sind im europäischen Vergleich sogar überraschend stark ausgeprägt, beispielsweise die hohe Vermögenskonzentration.

Während die Besserverdienenden sich gegen höhere Beiträge wehren, kämpfen andere oftmals ums Überleben oder um eine adäquate Teilhabe in Wirtschaft und Gesellschaft. Hier müsste die Politik effektiv ansetzen: durch ein besseres Angebot an öffentlicher Infrastruktur und neue Unterstützungsangebote, durch eine unterstützende, aktive Arbeitsmarktpolitik, mehr Chancengleichheit im Bildungssystem (insbesondere Ausstattung der Schulen über den AK-Chancenindex, Sprachförderung, Ganztagsschule etc.), effektive Maßnahmen für Geschlechtergleichstellung u. v. m.

Die bisherigen MaßnahmenExternal Link Icon – vor allem auch zur Teuerungskrise – sind mittlerweile insgesamt leider als unzureichend zu bewerten. Positiv hervorzuheben ist aber die ValorisierungExternal Link Icon wesentlicher sozialer Geldleistungen in Österreich.

Also: Strukturelle Probleme bestehen weiterhin. Es braucht dringend soziale Antworten, wie sie z. B. im Projekt „So muss SozialstaatExternal Link Icon“ vorgeschlagen wurden. Die gute Nachricht bei allen Herausforderungen: Die Zukunft ist positiv gestaltbar, doch die Politik muss endlich klare soziale Prioritäten setzen!

Das gilt auch für die Budgetkonsolidierung. Sie ist grundsätzlich ein wichtiger Prozess, um die finanzielle Stabilität und Nachhaltigkeit eines Landes sicherzustellen. Dabei muss jedoch darauf geachtet werden, dass diese Konsolidierungsmaßnahmen nicht zulasten des Sozialstaats und des sozialen Ausgleichs gehen – zumal die unterstellte Dynamik der gesamten Sozialausgaben empirisch weitgehend nicht hält.

Kürzungen im SozialbereichExternal Link Icon können langfristig zu höheren Kosten führen, sei es durch verschlechterte Gesundheit, geringere Bildungsleistungen oder zunehmende soziale Spannungen. Daher ist es klug und nachhaltig, im Zuge der Budgetkonsolidierung den Sozialstaat zu schützen und auszubauen.

Letztlich ist ein starker Sozialstaat nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine Investition in die Zukunft. Indem wir sicherstellen, dass alle Mitglieder der Gesellschaft Zugang zu den notwendigen Ressourcen und Unterstützungssystemen haben, schaffen wir die Grundlage für eine stabile und prosperierende Gesellschaft. Die Budgetkonsolidierung darf diesen fundamentalen Zielen nicht im Wege stehen.

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