Leistungen bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit
Durch die gesetzliche Krankenversicherung sind 99,9 % der Bevölkerung für den Fall einer Erkrankung abgesichert. Sie haben Anspruch auf Krankenbehandlung, Anstaltspflege, Medikamente, Heilbehelfe und Hilfsmittel. Für einen Teil der Leistungen sind Selbstbehalte zu tragen. Versicherte erhalten außerdem bei Vorliegen der Voraussetzungen Kranken- und Wochengeld.
Die Gefahr zu erkranken oder zu verunfallen stellte noch bis in das späte 19. Jahrhundert hinein ein existenzbedrohendes Risiko für Arbeiter:innen und deren Familien dar. Tatsächlich wurden diese beiden Risiken in Österreich als erste gesetzlich geregelt: 1887 wurde die Unfallversicherung der Arbeiter und 1888 die Krankenversicherung eingeführt.

Die wichtigsten Sozialleistungen in diesem Fall
Sozialtransferleistungen
- Krankenmitversicherung für Angehörige
- Krankengeld
- Wiedereingliederungsgeld
- Rehabilitationsgeld
- Rezeptgebührenbefreiung
- Befreiung vom Service-Entgelt
- Versehrtenrente (UV)
- Witwen-, Witwer-, Waisen-, Eltern- und Geschwisterrente
- Weitere Leistungen der Unfallversicherung (UV)
- Pflegegeld
- Pflegekarenzgeld
- Pensionsversicherung für pflegende Angehörige
- Zuschuss zur 24-Stunden-Betreuung
- Angehörigenbonus
Steuerliche Begünstigungen
- Außergewöhnliche Belastungen
- Freibetrag für Inhaber:innen einer Amtsbescheinigung oder eines Opferausweises
- Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer
- Befreiung von der Parkometerabgabe
- Befreiung von der Normverbrauchsabgabe
Weiterführende Informationen
Gesundheit wird zu Recht als hohes Gut gesehen. Wer gesund ist, bleibt in der Regel länger im Erwerbsleben, wodurch das Armutsrisiko reduziert wird. Unabhängig davon gilt: Wer gesund ist, genießt eine höhere Lebensqualität und hat weniger Sorgen. Gesundheit ist folglich nicht nur für den finanziellen Wohlstand von Bedeutung, sondern auch für individuelles Glück und Zufriedenheit (Layard, Die glückliche Gesellschaft, 2005).
Dem zuletzt im Jahr 2022 erschienenen Gesundheitsbericht Österreich kann entnommen werden, dass ein Drittel der österreichischen Bevölkerung von gesundheitsbedingten Einschränkungen im Alltag betroffen ist, zwei von fünf Personen leiden an körperlichen und/oder sensorischen Einschränkungen und jede:r Siebte hat Erinnerungs- und Konzentrationsschwierigkeiten. Zwei Drittel der Bevölkerung leiden an chronischen Erkrankungen und Gesundheitsproblemen. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf.
Der Gesundheitsstatus wird von verschiedenen individuellen, sozialen, sozioökonomischen und gesellschaftlichen Faktoren, den sogenannten Gesundheitsdeterminanten, beeinflusst. Im Zusammenhang mit gesundheitlicher Chancengerechtigkeit spielen Faktoren wie Bildung, Beschäftigungsstatus und Einkommen eine besondere Rolle. Soziale Ungleichheiten haben von der Kindheit bis ins hohe Alter und oftmals über Generationen hinweg einen negativen Einfluss auf die Gesundheit.
Ein modernes Gesundheitssystem bietet daher nicht nur einen niederschwelligen und kostenlosen Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung über den gesamten Lebenszyklus, sondern setzt gleichzeitig einen Fokus auf chancengerechte Gesundheitsförderung und Prävention.
Das österreichische Gesundheitssystem steht durch eine alternde Bevölkerung und steigende Zahlen chronischer und psychischer Erkrankungen vor großen Herausforderungen. Im internationalen Vergleich liegt Österreich mit 57 gesunden Lebensjahren bei der Geburt weit unter dem EU-Durchschnitt von 64. Einer der Gründe hierfür ist wohl auch der Schwerpunkt des österreichischen Gesundheitssystems auf der kurativen Medizin anstatt auf präventiven Ansätzen. Die Stärkung von Präventionskonzepten und Gesundheitsförderung ist daher ein notwendiger Puzzlestein in der Gestaltung des Gesundheitswesens.
Bereits 2023 hat der Rechnungshof in seinem Bericht kritisch auf den Umstand hingewiesen, dass die Präventionslandschaft in Österreich trotz Gesundheitsförderungsstrategie im Rahmen des Bundes-Zielsteuerungsvertrages intransparent ist. Außerdem hat er festgestellt, dass bestehende Maßnahmen und Finanzierungsstrukturen aufgrund ihrer überwiegend föderalen Ausrichtung zu heterogen sind. Daher ist die Entwicklung einer österreichweiten Gesamtstrategie – mit abgestimmtem Vorgehen über die Bundesländer hinweg – für wirkungsvolle Maßnahmen in allen Lebensbereichen (für Kinder und Jugendliche, für die Erwerbsbevölkerung aber auch bei Arbeitslosigkeit) unumgänglich.
Ein künftiges Präventionsgesetz könnte die Zuständigkeiten (Bund, Länder, Sozialversicherungsträger) für die unterschiedlichen Lebensphasen und -bereiche klar definieren und eine verbindliche Finanzierung der Maßnahmen – anhand der Zuständigkeiten – sicherzustellen.
Die Leistungen der sozialen Krankenversicherung werden durch Beitragszahlungen der Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen finanziert (zusammen 7,65 % der Bruttomonatsbezüge). Die Höhe der Beiträge für Versicherte hängt von ihrem Einkommen ab. Die Beitragshöhe ist mit einem monatlichen Verdienst von 6.450,00 Euro (2025) – mit der sogenannten Höchstbeitragsgrundlage – gedeckelt.
Unter der Geringfügigkeitsgrenze (2025: 551,10 Euro monatlich) sind keine Beiträge zu leisten, da bei einer geringfügigen Beschäftigung kein Krankenversicherungsschutz besteht. Es gibt für geringfügig Beschäftigte jedoch die Möglichkeit, eine freiwillige Versicherung in der Krankenversicherung abzuschließen (2025: 73,48 Euro monatlich)..
Arbeitssuchende Personen oder Kinderbetreuungsgeldbezieher:innen sind ebenfalls krankenversichert. Die Finanzierung erfolgt aus Bundesbeiträgen. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) versichert 7,6 Millionen Menschen, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) 1,2 Millionen.
Die Krankenversorgung, insbesondere im niedergelassenen Bereich, steht vor großen Aufgaben. Es soll neben Leistungsausbau – beispielsweise von psychotherapeutischen Leistungen, MRT-Untersuchungen oder im Bereich der Frauenmedizin – eine bundesweite Harmonisierung der Leistungen auf ein hohes medizinisches Niveau erfolgen. Geplant sind zusätzliche Primärversorgungseinheiten und der Abschluss von weiteren Kassenverträgen mit den Ärztinnen und Ärzten, um eine zeitgemäße Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Wenn die Krankenversicherungsträger zusätzliche Aufgaben, z. B. auch im Präventionsbereich, übernehmen sollen, sind neben Beitragseinnahmen zusätzliche Finanzierungsmittel erforderlich.Die Unfallversicherung ist für die Behandlung und Versorgung von Menschen zuständig, die einen Arbeitsunfall hatten oder an einer Berufskrankheit leiden. Sie bietet den Betroffenen Heilbehandlungen, Rehabilitationsmaßnahmen und Renten. Die Unfallversicherungsbeiträge für unselbstständig Erwerbstätige werden von den Arbeitgeber:innen getragen und betragen 1,1 % der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage. Im Gegensatz zur Krankenversicherung besteht auch bei einer geringfügigen Beschäftigung ein Unfallversicherungsschutz.
Pflegebedürftige Personen haben bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen Anspruch auf Pflegegeld. Die Ursache ihrer Pflegebedürftigkeit und die Höhe ihres Einkommens oder Vermögens haben keine Auswirkung auf diesen Anspruch. Die Höhe des Pflegegeldes hängt vielmehr vom Pflegebedarf ab. Es stellt jedoch nur einen Beitrag zur Abgeltung des pflegebedingten Mehraufwandes dar. Die im Einzelfall tatsächlich anfallenden Kosten sind nicht zu berücksichtigen. Das Pflegegeld wird über allgemeine Steuermittel finanziert.
Bei einer Arbeitsunfähigkeit können zudem Leistungen aus der Pensionsversicherung, wie zum Beispiel die Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension oder das Rehabilitationsgeld bezogen werden. Auch im Arbeitsrecht gibt es Regelungen zur Unterstützung bei Krankheit oder bei einer Behinderung. Dazu gehören unter anderem die Entgeltfortzahlung während eines Krankenstandes oder der erhöhte Kündigungsschutz. Menschen mit gesundheitlichen Problemen oder Behinderungen aufgrund spezieller Umstände (z. B. Kriegsopfer) erhalten die sogenannten Versorgungsleistungen des Bundes. Auch das Steuerrecht sieht spezielle Regelungen für kranke Personen und für Menschen mit besonderen Bedürfnissen vor.
Folgende Schritte sind notwendig, um die Gesundheits- bzw. Pflegeversorgung sowie die Prävention von Krankheiten und Gefährdungen rasch zu verbessern:
- Stärkung der sozialen Krankenversicherung
Um dem gesetzlichen Auftrag der Krankenversicherungsträger zur bundeseinheitlichen Leistungsharmonisierung und zum Leistungsausbau zu entsprechen und die strukturelle Einbeziehung von Gesundheitsberufen auch in der niedergelassenen Versorgung zu ermöglichen, sowie nachhaltige Präventionskonzepte anbieten zu können, ist eine zusätzliche Finanzierung der sozialen Krankenversicherung aus Bundesmitteln erforderlich. - Bessere Finanzierung der Pflege
Angesichts der demografischen Entwicklung braucht es weitaus mehr finanzielle Mittel. Wir fordern daher 1,75 Milliarden Euro mehr für ein qualitativ hochwertiges Pflege- und Gesundheitssystem. Diese Gelder sollten durch eine Erbschafts- und Schenkungssteuer aufgebracht werden. - Umfassende Ressourcenplanung
Es braucht eine gesamt-österreichisch und institutionenübergreifend koordinierte Mittel- und Ressourcenplanung, damit es zu keiner Knappheit von (über)lebensnotwendigen Ressourcen kommt. Entsprechend braucht es auch eine Sicherstellung einer umfassenden regionalen Versorgung. - Mehr Personal nach einheitlichen Kriterien
Die Aufstockung des Personals in den Krankenanstalten und in der Langzeitpflege muss nach einem österreichweit verpflichtenden, einheitlichen, transparenten und evidenzbasierten Berechnungsmodell für Personalbedarf erfolgen. Bis zur Umsetzung eines solchen Modells fordern wir sofortige Programme zur Umsetzung von österreichweit 20 % mehr Personal in Krankenanstalten und in der Langzeitpflege. - Aus- und Weiterbildungsoffensive
Wir fordern eine rasche und wirkungsvolle Umsetzung des im Regierungsprogramm vereinbarten Ausbildungsfonds. Es müssen attraktive Rahmenbedingungen für die Ausbildung in einem Pflegeberuf geschaffen werden, dazu zählt u. a. eine verpflichtende Bezahlung für Praktika der Auszubildenden. Dadurch soll auch die Durchlässigkeit von Pflegeassistenzberufen zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege gewährleistet werden. - Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Wir fordern die Schaffung von modernen Arbeitszeitmodellen, die sich an den unterschiedlichen Bedürfnissen orientieren (lebensphasengerechtes Arbeiten, flexible Arbeitszeiten, Verbesserung der Work-Life-Balance, mehr Zeit pro Patient:in, besserer Zugang zur 6. Urlaubswoche, Aggressionsmanagement, betriebliche Gesundheitsförderung, mehr Dienstplansicherheit für planbare Arbeits- und Freizeit, verbesserter Zugang zur Schwerarbeitspension und finanzielle Anerkennung der Qualifikation und Verantwortung in der Praxis. - Erweiterung der Berufskrankheitenliste
Mit dem sogenannten „Berufskrankheiten-Modernisierungsgesetz“ wurden mit 1. März 2024 lediglich vier neue Berufskrankheiten in die Liste aufgenommen. Österreich hinkt Deutschland weiter hinterher, was auch darauf zurückzuführen ist, dass in Deutschland ein Expertengremium über die Aufnahme neuer Erkrankungen entscheidet. In der österreichischen Berufskrankheitenliste fehlen nach wie vor arbeitsbedingte Muskel- und Skeletterkrankungen, Karpaltunnelsyndrom, Lungenkrebs für Nichtraucher:innen bei jahrelangem Passivrauchen und psychische Erkrankungen - Ausbau der Prävention in der Unfallversicherung
Gemäß der WIFO-Studie „Die Kosten arbeitsbedingter Unfälle und Erkrankungen“ verursachten Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen im Jahr 2015 Gesamtkosten von 9,9 Milliarden Euro. Der Großteil dieser Kosten (82 % bzw 8,1 Milliarden Euro) werden durch arbeitsbedingte Erkrankungen verursacht. Zur Vermeidung derartig hoher Kosten sollte die Präventionskompetenz auf alle arbeitsbezogenen Gesundheitsgefahren erweitert werden. Zudem sollten die vorbeugenden Maßnahmen gegen Berufskrankheiten eine Pflichtleistung darstellen.