Außergewöhnliche Belastungen
Gesetzliche Grundlage: | §§ 34 Abs 1 bis 6 und 35 EStG 1988, zuletzt geändert durch BGBl I 2023/153 |
Krankheitsbedingte Aufwendungen können die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit* steuerpflichtiger Personen stark beeinträchtigen. Ausgaben bei Krankheit, Behinderung und Pflegebedürftigkeit werden deshalb als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd wirksam. Diese Aufwendungen und Ausgaben werden grundsätzlich nur dann steuerwirksam, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.
Aufwendungen einer oder eines Steuerpflichtigen sind dann außergewöhnlich, wenn sie im Vergleich mit allen anderen Steuerpflichtigen in gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen und demselben Familienstand aus der Norm fallen.
Kann sich der oder die Steuerpflichtige der Belastung aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen, erwächst sie zwangsläufig. Wurden die Ausgaben aufgrund eines freiwilligen Entschlusses getätigt oder sind sie auf ein schuldhaftes Verhalten zurückzuführen, so liegt keine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen vor.
Eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt vor, wenn der Aufwand von dem oder der Steuerpflichtigen selbst und endgültig getragen werden muss. Ersatzleistungen für diese Aufwendungen schließen die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung aus. Die Ausgaben müssen weiters einen gewissen Prozentsatz des Einkommens (= Selbstbehalt) in Abhängigkeit vom Familienstand übersteigen. Der Selbstbehalt wird jedoch nicht bei allen außergewöhnlichen Ausgaben berücksichtigt.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastung sind mittels Belegen (Rechnungen, Quittungen) nachzuweisen, und sie sind vom laufenden Einkommen zu tätigen (und nicht etwa vom angesparten Vermögen). Nur wenn kein Nachweis mittels Belegen möglich ist, genügt Glaubhaftmachung.
Als außergewöhnliche Belastungen unter Berücksichtigung des Selbstbehalts sind beispielsweise folgende Aufwendungen zu verstehen:
Arzt- und Krankenhaushonorare,
Kosten für Medikamente,
Kosten einer Kur,
Spitalskosten,
Kosten für Heilbehelfe (zB Brillen und Hörapparate),
Fahrtkosten der Angehörigen anlässlich des Besuchs im Krankenhaus,
Begräbniskosten, wenn kein Nachlass vorhanden ist,
Kosten für die Beschäftigung eines Hausgehilfen oder einer Hausgehilfin, wenn eine alleinstehende Person wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit einer ständigen Betreuung bedarf bzw wenn bei Ehegatten und -gattinnen, eingetragenen Partnern und Partnerinnen oder einer eheähnlichen Gemeinschaft der oder die nicht berufstätige Partner:in aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, den Haushalt zu führen und die Kinder zu betreuen. Unter diesen Voraussetzungen sind auch Kinderbetreuungskosten bis zur Vollendung der allgemeinen Schulpflicht absetzbar.
Derartige außergewöhnliche Belastungen sind grundsätzlich von der oder dem Steuerpflichtigen selbst zu tragen. Werden diese jedoch vom (Ehe-)Partner oder von der (Ehe-)Partnerin bezahlt, so stellen sie bei dem oder der zahlenden (Ehe-)Partner:in insoweit außergewöhnliche Belastungen dar, als diese Aufwendungen das Einkommen des erkrankten (Ehe-)Partners bzw der erkrankten (Ehe-)Partnerin derart belasten würden, dass das steuerliche Existenzminimum von € 12.816 jährlich unterschritten würde. Bei der Berechnung der Einkommensgrenze werden zu den zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünften auch folgende steuerfreie Einkünfte hinzugezählt:
Wochengeld,
das versicherungsmäßige Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe,
Einkünfte aus einer begünstigten Auslandstätigkeit,
Einkünfte aus einer Entwicklungshilfetätigkeit,
aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen steuerfreie Einkünfte.
Der Selbstbehalt beträgt bei einem jährlichen steuerpflichtigen Einkommen von
höchstens | € 7.300 | 6 % |
mehr als | € 7.300 bis € 14.600 | 8 % |
mehr als | € 14.600 bis € 36.400 | 10 % |
mehr als | € 36.400 | 12 % |
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt, wenn dem oder der Steuerpflichtigen der Alleinverdiener:innen- oder Alleinerzieher:innenabsetzbetrag zusteht bzw das Einkommen des (Ehe‑)Partners oder der (Ehe‑)Partnerin die Zuverdienstgrenze für den Alleinverdiener:innenabsetzbetrag von € 6.937 jährlich (siehe Kapitel I, Abschnitt 2.1) nicht überschreitet. Weiters reduziert sich der Selbstbehalt um einen Prozentpunkt für jedes Kind, für das zumindest sieben Monate im Kalenderjahr der Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrag zusteht.
Der Selbstbehalt berechnet sich folgendermaßen:
Zum laufenden Tarif zu versteuernde Einkünfte | |
+ | sonstige Bezüge gemäß § 67 Abs 1 und 2 EStG 1988 |
– | SV-Beiträge der sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs 1 und 2 EStG 1988 |
– | Werbungskosten (mindestens das Pauschale von € 132) |
– | Sonderausgaben |
– | außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt |
= | Einkommen gemäß § 34 Abs 4 EStG 1988 |
Von dem nach diesem Schema errechneten Einkommen wird nun der Selbstbehalt ermittelt. Der Betrag, der den Selbstbehalt übersteigt, mindert die Lohnsteuerbemessungsgrundlage.
Folgende Mehraufwendungen werden ohne Selbstbehalt berücksichtigt:
Mehraufwendungen für Kinder, für die erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird. Diese Mehraufwendungen werden mit einem Pauschale von € 262 monatlich abgegolten. Anstatt des Pauschales können auch die tatsächlichen Kosten (mittels Belegen) für die Mehraufwendungen geltend gemacht werden. Neben dem Pauschalbetrag können alle Aufwendungen für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder Kostenbeiträge für den Besuch einer Behindertenwerkstätte, Kosten der Heilbehandlung und nicht regelmäßig anfallender Hilfsmittel im nachgewiesenen Ausmaß berücksichtigt werden. Wird für das Kind Pflegegeld bezogen, so wird der pauschale Freibetrag (€ 262 monatlich) um das Pflegegeld gekürzt.
Mehraufwendungen für Kinder, für die keine erhöhte Familienbeihilfe zusteht, die aber zu mehr als 25 % behindert sind. Für diese Kinder können die allgemeinen pauschalen Beträge für Behinderung bzw Diätverpflegung (siehe Tabelle unten) sowie die Aufwendungen für Behindertenhilfsmittel, Heilbehandlungskosten und die Kosten einer Behindertenschule geltend gemacht werden.
Behinderung des oder der Steuerpflichtigen selbst oder der (Ehe-)Partnerin oder des (Ehe-)Partners: Kosten, die durch eine Krankheit verursacht werden, wenn eine Erwerbsminderung von mindestens 25 % vorliegt. Diese Erwerbsminderung muss durch eine amtliche Bescheinigung der dafür zuständigen Stelle* nachgewiesen werden. Es kann entweder die Berücksichtigung der tatsächlich angefallenen Mehraufwendungen (Belege) oder der gesetzlich bzw per Verordnung vorgesehenen Pauschalbeträge beantragt werden.
Voraussetzung dafür, dass bei Behinderung des (Ehe-)Partners oder der (Ehe-)Partnerin die Freibeträge bzw die tatsächlichen Kosten ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden, ist, dass das Einkommen des (Ehe-)Partners oder der (Ehe-)Partnerin die Einkommensgrenze für den Alleinverdiener:innenabsetzbetrag von € 6.937 jährlich (siehe Kapitel I, Abschnitt 2.1) nicht überschreitet. Ist dies der Fall und werden Kosten für den behinderten Partner oder die behinderte Partnerin im Rahmen der Unterhaltspflicht übernommen, so ist ihre Berücksichtigung nur dann möglich, wenn das Einkommen die Grenze von € 12.816 jährlich unterschreitet. In diesem Fall erfolgt der Abzug des Selbstbehaltes.
Folgende jährliche Freibeträge können in Abhängigkeit vom Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit geltend gemacht werden:
Minderung der Erwerbsfähigkeit | Freibetrag |
25 % bis 34 % | € 124 |
35 % bis 44 % | € 164 |
45 % bis 54 % | € 401 |
55 % bis 64 % | € 486 |
65 % bis 74 % | € 599 |
75 % bis 84 % | € 718 |
85 % bis 94 % | € 837 |
Ab 95 % | € 1.198 |
Bei Bezug von Pflegegeld steht dieser Pauschalbetrag nicht zu. Neben diesem Pauschalbetrag können weitere pauschale Freibeträge für Aufwendungen in Zusammenhang mit einer Diätverpflegung und Gehbehinderung geltend gemacht werden. Zusätzlich können noch Heilbehandlungskosten und Aufwendungen für nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel (zB Rollstuhl) in tatsächlicher Höhe (Beleg) beantragt werden.
Die Freibeträge für Krankendiätverpflegung stehen zu, wenn die Erwerbsminderung aufgrund der Krankheit, die die Diät erforderlich macht, mindestens 20 % und der Gesamtgrad der Behinderung mindestens 25 % beträgt. Die Freibeträge betragen
• | bei Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids | € 70 monatlich |
• | bei Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit | € 51 monatlich |
• | bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit | € 42 monatlich |
Für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, die zur Fortbewegung ein eigenes Kraftfahrzeug benützen, ist ein Freibetrag von monatlich € 190 zu berücksichtigen. Das Vorliegen der Mobilitätseinschränkung ist durch eine Bescheinigung gemäß § 29b StVO 1960, einen „alten“ Bescheid über die Befreiung über die Kfz-Steuer gemäß § 2 Abs 2 KfzStG 1952, eine Feststellung iSd § 36 Abs 2 Z 3 Bundesbehindertengesetz oder die Eintragung der Mobilitätseinschränkung, der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder Blindheit im Behindertenpass nachzuweisen. Menschen mit einer mindestens 50%igen Minderung der Erwerbsfähigkeit aufgrund ihrer Mobilitätseinschränkung sowie blinde und schwerstsehbehinderte Menschen, die über kein eigenes Kfz verfügen, können Aufwendungen für Taxifahrten bis zu einem Betrag von monatlich € 153 geltend machen.
Nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) und Kosten der Heilbehandlung werden im nachgewiesenen Ausmaß berücksichtigt. Als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten und Kosten für Medikamente, sofern sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen.
Die Pauschalbeträge für Diätverpflegung, ein eigenes Kfz oder Taxikosten sowie die nachgewiesenen Kosten für nicht regelmäßig anfallende Hilfsmittel und Kosten der Heilbehandlung werden nicht um das Pflegegeld gekürzt.
Anstelle der angeführten Pauschalbeträge können auch die gesamten tatsächlichen Aufwendungen nachgewiesen werden. Diese tatsächlichen Aufwendungen werden aber ebenso um das bezogene Pflegegeld gekürzt, und nur der übersteigende Betrag mindert die Steuerbemessungsgrundlage.