Pflegegeld
Gesetzliche Grundlage: | Bundespflegegeldgesetz (BPGG) 1993, zuletzt geändert durch BGBl I 2023/109 |
Finanzierung: | Steuermittel, Bund (BMSGPK) |
Gesamtausgaben: | € 2,796 Mrd (2022)* |
Leistungsbezieher:innen: | 470.647 (31. Dezember 2022)* |
Durchschnittliche Höhe: | € 496,73 (Dezember 2022)* |
1. Zweck der Leistung
2. Wesentliche Anspruchsvoraussetzungen
Der Anspruch auf Pflegegeld besteht, wenn aufgrund einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung oder einer Sinnesbehinderung ein Pflegebedarf im Ausmaß von mehr als 65 Stunden pro Monat besteht (Pflegestufe 1). Der voraussichtliche Pflegebedarf muss für einen Mindestzeitraum von sechs Monaten gegeben sein.
Anspruchsberechtigt für das Pflegegeld sind unter anderem Bezieher:innen einer Grundleistung wie
einer Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung nach dem ASVG, GSVG, FSVG, BSVG, NVG, B-KUVG oder nach § 80 StVG bzw eines Sonderruhegeldes nach Art X des NSchG;
eines Rehabilitationsgeldes gemäß § 143a ASVG oder § 84 B-KUVG;
einer Vollrente oder einer Versehrtenrente (bei Schülern und Schülerinnen und Studierenden) aus der Unfallversicherung (wenn der Pflegebedarf unmittelbar aus dem Arbeitsunfall bzw der Berufskrankheit resultiert);
eines Ruhe- oder Versorgungsgenusses, Übergangsbeitrages, Versorgungsgeldes oder Unterhaltsbeitrages oder Emeritierungsbezuges;
von Renten, Beihilfen oder Ausgleichen nach dem KOVG, HVG, OFG oder Impfschadengesetz;
einer Hilfeleistung nach § 2 Z 1 des Verbrechensopfergesetzes (VOG)
sowie deren Hinterbliebene.
In allen Fällen ist die Anspruchsberechtigung abhängig vom gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.
Außerdem können österreichische Staatsbürger:innen oder nach den Bestimmungen des NAG sowie des AsylG oder aufgrund unionsrechtlicher Niederlassungsbestimmungen gleichgestellte Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland das Pflegegeld erhalten, auch wenn sie keine Grundleistung beziehen, sofern sie keinen Anspruch auf eine gleichartige Leistung aus dem EU-Ausland oder aus der Schweiz haben.
Personen, die im Inland leben und eine Rente aus dem EU-Ausland beziehen, können ebenfalls Pflegegeld beziehen, wenn kein anderer EU-Staat für Pflegeleistungen zuständig ist.
3. Höhe der Transferleistung
Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich nach dem Ausmaß des anrechenbaren Pflegebedarfs. Ein solcher liegt vor, wenn sowohl bei Betreuungsmaßnahmen als auch bei Hilfsverrichtungen Unterstützung nötig ist.
Betreuungsmaßnahmen sind all jene, die den persönlichen Bereich betreffen: zB Kochen, Essen, Medikamenteneinnahme, An- und Auskleiden, Körperpflege, Verrichtung der Notdurft oder Fortbewegung innerhalb der Wohnung. Hilfsverrichtungen sind solche, die den sachlichen Lebensbereich betreffen, zB Herbeischaffen von Nahrungsmitteln und/oder Medikamenten, Reinigung der Wohnung, Pflege der Leib- und Bettwäsche, Beheizung des Wohnraumes einschließlich der Herbeischaffung des Heizmaterials oder Begleitung bei Amtswegen oder Arztbesuchen.
Bei pflegeerschwerenden Faktoren – zB bei Vorliegen einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung – ist ein Erschwerniszuschlag mitzuberücksichtigen.
Das Pflegegeld gebührt zwölfmal jährlich.
Insgesamt gibt es sieben Pflegegeldstufen:
Stufe | Durchschnittlicher Pflegebedarf pro Monat | Monatliches Pflegegeld |
Stufe 1 | > 65 Stunden | € 192 |
Stufe 2 | > 95 Stunden | € 354 |
Stufe 3 | > 120 Stunden | € 551,60 |
Stufe 4 | > 160 Stunden | € 827,10 |
Stufe 5 | > 180 Stunden und außergewöhnlicher Pflegeaufwand | € 1.123,50 |
Stufe 6 | > 180 Stunden und dauernde Beaufsichtigung und gleich zu achtender Pflegeaufwand | € 1.568,90 |
Stufe 7 | > 180 Stunden und praktische Bewegungsunfähigkeit oder vergleichbarer Zustand | € 2.061,80 |
Eine Einstufung erfolgt unter Zugrundelegung einer pflegerischen oder ärztlichen Begutachtung. Bei der Untersuchung kann auf Wunsch des oder der Pflegebedürftigen eine Vertrauensperson anwesend sein.
Eine Zuordnung zu den Stufen 5 bis 7 erfolgt, wenn die notwendige Betreuung und Hilfe über 180 Stunden hinausgeht und zusätzlich nur unter erschwerten Bedingungen erbracht werden kann.
Für bestimmte Menschen sind diagnosebezogene Mindesteinstufungen vorgesehen, wie zB für hochgradig sehbehinderte Personen (Stufe 3), Blinde (Stufe 4), Taubblinde (Stufe 5) oder für Personen, die wegen einer Beinamputation oder Querschnittslähmung auf den Gebrauch eines Rollstuhls zur eigenständigen Lebensführung angewiesen sind.
Eine Kürzung der monatlichen Leistung kann sich ausnahmsweise durch eine Anrechnung anderer – bundesgesetzlicher oder ausländischer – pflegebezogener Geldleistungen ergeben (siehe Punkt 5).
Sachleistungen sind in jenen Fällen vorgesehen, in denen der Behörde bekannt wird, dass der angestrebte Zweck der Pflegegeldzahlung verfehlt wird, zB wenn keine tatsächliche Pflegeleistung erfolgt. Die Sachleistungen sind im Gegenwert der einbehaltenen Geldleistung zu gewähren. Wird die Annahme dieser Sachleistungen ohne triftigen Grund verweigert, ruht der entsprechende Anspruch auf Pflegegeld für die Dauer der Weigerung.
Bei einem Spitalsaufenthalt ruht das Pflegegeld ab dem zweiten Tag des Aufenthaltes.* Ein stationärer Aufenthalt ist der pflegegeldauszahlenden Stelle daher zu melden, um Rückforderungen zu vermeiden.
Das Pflegegeld ruht weiters für die Dauer der Unterbringung des oder der Anspruchsberechtigten in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher:innen, für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher:innen und gefährliche Rückfalltäter:innen sowie bei Verbüßung einer mehr als einmonatigen Freiheitsstrafe.
Bei einem Pflegeheimaufenthalt (auch Wohn-, Alters-, Erziehungsheimaufenthalt) auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers werden zur Deckung der Pflegekosten höchstens 80 % des monatlichen Pflegegeldes an den Kostenträger überwiesen.
Der pflegebedürftigen Person gebührt für diese Zeit ein monatliches „Taschengeld“ in der Höhe von € 55,16 monatlich (= 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3; ohne Einkommensanrechnung). Der übrige Teil des Pflegegeldes ruht.
Erfolgte die Aufnahme in das Heim bereits vor dem 1.5.1996, gebühren 20 % des Pflegegeldes der Pflegestufe 3 als „Taschengeld“.
4. Bezugsdauer
5. Einkommensanrechnung
Grundsätzlich wird kein Einkommen angerechnet. Geldleistungen wegen Pflegebedürftigkeit werden auf das Pflegegeld – aufgrund anderer bundesgesetzlicher oder ausländischer Vorschriften (zB Pflege- oder Blindenzulage) – angerechnet.
Vom Betrag des Pflegegeldes wird kein Sozialversicherungsbeitrag in Abzug gebracht.
6. Steuerliche Behandlung
Das Pflegegeld ist gemäß § 3 Abs 1 Z 3 lit a EStG 1988 steuerfrei.
7. Folgetransfers
Pflegegeldbezieher:innen können unabhängig von der Höhe ihres Einkommens einen Zuschuss zu Fernsprechentgelten sowie eine Befreiung vom ORF-Beitrag erhalten (siehe Kapitel VII, Abschnitt 2.1).
8. Antragstellung und Auszahlung
Pflegegeld wird grundsätzlich nur auf Antrag gewährt. (Ausnahme: Wenn die Pflegebedürftigkeit Folge eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit ist, erfolgt eine amtswegige Einleitung des Verfahrens.) Der Antrag auf Pflegegeld ist an jene Institution zu richten, von der eine Grundleistung bezogen wird.
Für Bezieher:innen einer Pension und für Bezieher:innen von Versorgungsrenten (zB Kriegsopfer) aus der Sozialversicherung ist dies der zuständige Pensionsversicherungsträger. Für Bezieher:innen eines Beamten- oder Versorgungsgenusses und für pensionierte Beamte und Beamtinnen der Österreichischen Bundesbahnen ist dies die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB).
Personen ohne eine sozialversicherungsrechtliche Grundleistung haben den Pflegegeldantrag bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) zu stellen.
Diese Stellen überweisen das Pflegegeld monatlich zusammen mit der Grundleistung an den oder die Pflegegeldbezieher:in im Nachhinein. Das Pflegegeld ist von einer allfälligen anderen Geldleistung getrennt auszuweisen. Bei Geschäftsunfähigkeit oder beschränkter Geschäftsfähigkeit erfolgt die Auszahlung an den gesetzlichen Vertreter oder die gesetzliche Vertreterin bzw einen oder eine Erwachsenenvertreter:in, sofern einer oder eine für diese Angelegenheiten bestellt ist.